6. Nassauer Dialog zum Thema
Nachhaltigkeit und Ethik im staatlichen Handeln –
Von der Schuldenbremse bis zum Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts
14.-16. Oktober 2022 in Nassau/Lahn
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Aktive des 6. Nassauer Dialogs
Copyright: Stein-Gesellschaft/Minor
Der "Nassauer Dialog" ist das Förderprogramm der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V. – unterstützt durch die G. u. I. Leifheit-Stiftung –, das sich mit Beginn im Jahr 2015 nun regelmäßig an junge Nachwuchs-Führungskräfte richtet.
26 ausgewählte und hochqualifizierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich gemeinsam mit renommierten Referent:innen dem Thema Nachhaltigkeit und Ethik im staatlichen Handeln – Von der Schuldenbremse bis zum Klimaschutz-Urteil des BVerfG gewidmet. Verantwortungsbewussten und politisch-gesellschaftlich interessierten Young Professionals wurde so wieder einmal Gelegenheit gegeben werden, sich für die Arbeit an aktuellen politischen Fragen zu begeistern. Zudem werden sie – im Rahmen der Alumni-Arbeit – in ihrem Engagement gefördert.
Zum Inhalt:
Dass Nachhaltigkeit als Prinzip der schonenden, ihre Regenerationsfähigkeit sicherstellende Nutzung von Ressourcen menschliches Handeln in vielen Bereichen bestimmt bzw. jedenfalls bestimmen sollte, dürfte heute kaum noch bezweifelt werden. Das gilt für den Einzelnen, gilt aber auch für Gesellschaft und Staat. Nachhaltigkeit hat dabei immer auch etwas mit Verzicht und Beschränkung zu tun. Wer nachhaltig handelt, verzichtet in der Regel auf eine kurzfristige Maximierung seines Gewinns oder seines Nutzens, stellt damit aber sicher, dass ihm seine Ressourcen auch in Zukunft zur Verfügung stehen. Der Forstwirt, der seinen Wald nachhaltig bewirtschaften will, wird deshalb innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht mehr Holz fällen als in dieser Periode jeweils nachwachsen kann. Aus diesem Grunde verbindet sich mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit stets auch eine längerfristige Perspektive. Wer nachhaltig handelt, richtet seinen Blick nicht nur auf das Heute und Morgen, sondern auch auf die nähere und fernere Zukunft. Für den Einzelnen bedeutet dies, dass er bei der Nutzung seiner Ressourcen stets auch in Verantwortung für seine Kinder und deren Nachkommen handeln sollte. Für Staat und Gesellschaft folgt daraus, dass es nicht nur um das – selbstverständlich nicht zu vernachlässigende – Wohlergehen der jetzigen, sondern auch um das Wohlergehen nachfolgender Generationen gehen muss. Nachhaltigkeit ist daher auch auf das engste mit dem ethischen Prinzip der Generationengerechtigkeit verknüpft.
Es wäre freilich zu kurz gegriffen, in Nachhaltigkeit bzw. Generationengerechtigkeit nur Maßstäbe für ein ethisch gebotenes oder aus ökonomischer Perspektive schlicht vernünftiges Handeln zu sehen.
Dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) war es vorbehalten, in seiner Entscheidung zum Klimaschutzgesetz herauszuarbeiten, dass der Gesetzgeber im Sinne einer intertemporalen Freiheitssicherung zur verhältnismäßigen Verteilung von Freiheitschancen über die Generationen hinweg verpflichtet sein kann. Auch in diesem Fall geht es um Verzicht, und zwar nicht nur um Verzicht auf materielle Güter, sondern auch um Verzicht auf Freiheit: Den Angehörigen der gegenwärtigen Generation wird zugemutet, heute auf die Ausübung von Freiheitsrechten und materiellem Wohlstand zu verzichten, damit nachfolgende Generationen ebenfalls noch in der Lage sind, von ihren Freiheitsrechten auch faktisch Gebrauch machen zu können. Insoweit zu einem angemessenen Ausgleich zu kommen, stellt fraglos eine große Herausforderung dar. Denn fest steht auch: Nicht wenigen geht das, was zum Schutze von Klima und Umwelt unternommen wird, schon heute zu weit. Von „Ökodiktatur“ ist dann die Rede.
Was bezogen auf den Klimaschutz als geradezu revolutionäre und vielleicht auch anfechtbare Herleitung des BVerfG erscheinen mag, gehört in Gestalt der Regelungen zur Staatsverschuldung seit Inkrafttreten des Grundgesetzes zum unangefochtenen, mehrfach nachgeschärften Bestand des Verfassungsrechts. Ziel dieser Regelungen ist es, einfachen regierungsbildenden Mehrheiten im Bundestag (und in den Landtagen) verfassungsrechtlich zu untersagen, den Staat auf Kosten künftiger Generationen übermäßig zu verschulden. Auch die Schuldenbremse ist damit Ausdruck gelebter Generationengerechtigkeit. Die Politik scheint dieses Ziel angesichts von Krisen wie der Corona-Pandemie oder dem Krieg in der Ukraine, deren Folgen nur mit großzügigen staatlichen Hilfe bewältigbar erscheinen, aus den Augen verloren zu haben. Ähnliche Fragen stellen sich im Hinblick auf die sozialen Sicherungssysteme.
Vor diesem Hintergrund wurde beim diesjährigen Nassauer Dialog anhand verschiedener Handlungsfelder diskutiert und beleuchtet, was Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit konkret bedeuten können und wie sie als Prinzipien staatliches Handeln anleiten können bzw. müssen.
Der 6. Nassauer Dialog wurde mit allen Vorträgen und Diskussionsberichten dokumentiert und publiziert. Die Broschüre kann unter "Publikationen" kostenfrei bestellt werden.
Programm zum 6. Nassauer Dialog
Freitag, 14. Oktober 2022
17.00 Uhr | Empfang in Schloss Nassau
Sebastian Graf von Kanitz | Schloss Nassau, Mitglied des Präsidiums der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V.
Dr. Dietrich H. Hoppenstedt | Präsident der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V.
18.00 Uhr | Öffentlicher Abendvortrag in der Stadthalle Nassau
Begrüßung
Manuel Liguori | MdL, Bürgermeister der Stadt Nassau
Dr. Josef Peter Mertes | Stellvertretender Vorsitzender der G. u. I. Leifheit-Stiftung
Dr. Dietrich H. Hoppenstedt | Präsident der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V.
18.15 Uhr | Öffentlicher Abendvortrag mit anschließender
offener Diskussion
Zukunftsaufgaben und nachhaltige Finanzpolitik – ein Spannungsfeld?
Prof. Dr. Helge Braun | MdB
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes a.D.
Vorsitzender des Haushaltsausschusses
19.30 Uhr | Ausklang mit Imbiss
Samstag, 15. Oktober 2022
Gesamt-Moderation:
Bernd Benthin | ZDF Hauptstadtstudio Berlin, Redakteur und Reporter
Mitglied des Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft-Alumni-Netzwerkes
9.00 Uhr | Begrüßung durch den Moderator
9.10 Uhr | Dialog- und Feedback-Runde zum Vorabend-Vortrag
10.30 Uhr | Kaffee- und Kommunikationspause
10.45 Uhr | Erster Impuls
Nachhaltige und generationengerechte Finanzierung des Staates sowie der sozialen Sicherungssysteme
Prof. Dr. Hans-Günter Henneke | Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistages
Vizepräsident der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V.
11.10 Uhr | Diskussion
12.30 Uhr | Mittagessen
14.00 Uhr | Zweiter Impuls
Nachhaltige Umweltpolitik oder "Ökodiktatur": Umwelt- und Klimaschutz zwischen Notwendigkeit und Zumutbarkeit
Malin Nischwitz | Ludwig-Maximilian-Universität München, Akademische Rätin und wiss. Mitarbeiterin
am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Umwelt und Sozialrecht (Prof. Dr. Martin Burgi)
14.25 Uhr | Diskussion
15.45 Uhr | Kaffee- und Kommunikationspause
16.00 Uhr | Dritter Impuls
Nachhaltige Entwicklung ländlicher Räume: Der nachhaltige Landkreis
Bertram Fleck | Landrat a.D., Rhein-Hunsrück-Kreis
16.25 Uhr | Diskussion
Sonntag, 16. Oktober 2022
10.00 Uhr | Workshops für die Teilnehmenden zu drei Themenfeldern
11.30 Uhr | Rückkopplung im Plenum und Diskussion der Ergebnisse
12.30 Uhr | Blitzlicht: Rückblick zum 6. Nassauer Dialog und Ausblick
13.00 Uhr | Abschluss in Schloss Nassau
Besichtigung des Steinschen Turms
Erläuertung der historischen Zusammenhänge
14.30 Uhr | Ende der Veranstaltung in Nassau
Die Veranstaltung wird mit freundlicher Unterstützung der G. u. I.-Leifheit-Stiftung und der Stadt Nassau durchgeführt.
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